Klammheimlich haben das Bundesinnen- und Bundesjustizministerium (BMI und BMJ) am vergangenen Freitag die Ergebnisse eines der größten rechts- und gesellschaftspolitischen Transparenzprojekte der letzten Jahrzehnte veröffentlicht – die Überwachungsgesamtrechnung für Deutschland (ÜGR). Auf den Webseiten der Ministerien erschien, ohne große Kommentierung oder mediale Begleitung, der Abschlussbericht des mit der Erarbeitung beauftragten Max-Planck-Instituts (MPI) in Freiburg in drei Bänden. Schon der Umfang der Veröffentlichung deutet auf die Größenordnung des Projekts hin. Die Autoren beschreiben die Hürden und Widerstände, denen sie bei ihrer Forschungsarbeit begegnet sind. Zu dem veröffentlichen Bericht äußerte sich unsere Vorsitzende Teresa Widlok gegenüber Tagesspiegel Background:
„Die ÜGR ist das größte rechts- und gesellschaftspolitische Transparenzprojekt der letzten Jahrzehnte, so wird es von den Autoren zurecht bezeichnet. Diesem Anspruch kann sie jedoch nur gerecht werden, wenn die neue Bundesregierung sie fortführt. Dass eine Weiterführung dringend notwendig ist, zeigt die Vielzahl an weißen Flecken und die teils mangelhafte Datenqualität, mit denen die Forschenden zu kämpfen hatten. Die ÜGR beleuchtet damit nicht nur den Zustand staatlicher Überwachung, sondern auch die gravierenden Defizite in der Dokumentationspraxis auf allen Ebenen der inneren Sicherheit. Eine hohe Dichte an Überwachungsgesetzen trifft hier auf einen verbreiteten Mangel an Transparenz, sei es aus politischem Unwillen oder strukturellen Hürden. Die neue Bundesregierung steht in der Pflicht, die ÜGR – idealerweise in Verbindung mit einer unabhängigen Freiheitskommission – auszuwerten, weiterzuentwickeln und dauerhaft zu institutionalisieren. Bevor weitere Überwachungsinstrumente eingeführt werden, muss endlich geklärt werden, welchen Transparenzstandards bestehende Maßnahmen genügen müssen.“
- Unsere Vision: „Sicherheitsgesetze werden evidenzbasiert und zeitlich begrenzt beschlossen und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit evaluiert. Durch eine Überwachungsgesamtrechnung wird das Gesamtmaß staatlicher Überwachung, dem die Bürgerinnen und Bürger ausgesetzt sind, ständig bewertet und so gering wie möglich gehalten.“
- Wir fordern: „Der Bundestag soll ein Moratorium zur Erstellung weiterer Sicherheitsgesetze beschließen. Bei der Einführung neuer Sicherheitsgesetze muss künftig die Überwachungsgesamtrechnung einbezogen werden.“
Links zu den Veröffentlichungen
- BMJ-Übersichtsseite
- BMI: Band 1 / Band 2 / Band 3
- LOAD Big Five zur Bundestagswahl 2025