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Chatkontrolle Symbolbild

Druck zeigt Wirkung: Bundesregierung erteilt Chatkontrolle (vorerst) eine Absage

Der Druck hat vorerst gewirkt. Nach einer breiten gesellschaftlichen Mobilisierung kündigte der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Jens Spahn, an, dass es eine anlasslose Kontrolle von Chats mit der Union nicht geben würdeBundesjustizministerin Hubig von der SPD kündigte offiziell an, dass sich Deutschland am 14.10. im Ministerrat auf EU-Ebene gegen die Chatkontrolle stellen wird.

Update: Die Abstimmung im Rat wurde verschoben, weil sich keine Mehrheit für den aktuellen Vorschlag finden konnte. Das ist auch auf das Nein Deutschlands zurückzuführen, das Thema im Digitalausschuss des Deutschen Bundestages war. Der Kampf gegen die Chatkontrolle wird aber spätestens bei der nächsten Sitzung im Dezember weitergehen und bis dahin sollte Deutschland darauf hinwirken, dass der Vorschlag zur Chatkontrolle komplett zurückgezogen wird.

Wir als LOAD setzen uns gemeinsam mit zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen seit Jahren gegen die sogenannte Chatkontrolle ein. Der Widerstand gegen die Chatkontrolle vereinte in den letzten Wochen und Monaten eine außergewöhnlich breite Koalition: Von Digitalorganisationen wie dem Chaos Computer Club und D64 über Journalistenverbände bis hin zu Wirtschaftsverbänden wie eco und Bitkom - selten war die Ablehnung eines EU-Vorschlags so einheitlich.

Die wissenschaftliche Kritik war besonders vernichtend: Über 760 Wissenschaftler aus 37 Ländern unterzeichneten unter https://csa-scientist-open-letter.org/Sep2025 bereits einen offenen Brief, der die technische Machbarkeit und Wirksamkeit der Chatkontrolle grundlegend in Frage stellt. Führende IT-Sicherheitsforscher warnten bereits seit Jahren vor den fatalen Folgen für die Cybersicherheit.

Aus der Zivilgesellschaft

Von der Wissenschaft

Von Verbänden und Wirtschaft

Der Messenger-Anbieter Signal kündigte bereits an, den europäischen Markt zu verlassen, falls die Chatkontrolle Realität würde (Quelle https://signal.org/blog/pdfs/germany-chat-control.pdf ).
Auch WhatsApp und Threema positionierten sich klar gegen die Pläne:

Warum die Chatkontrolle eine Katastrophe wäre

Unter dem Vorwand des Kinderschutzes sollen alle privaten Nachrichten, Bilder und Videos auf den Endgeräten der Bürgerinnen und Bürger gescannt werden - eine Massenüberwachung, die jeden unter Generalverdacht stellen würde.

Jede Form des Client-Side-Scanning untergräbt komplett die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und die Vertraulichkeit der Kommunikation. Fundamental betroffen davon sind beispielsweise Journalist:innen, die auf vertrauliche Quellen angewiesen sind, Aktivist:innen, die sich für Bürgerrechte einsetzen, und alle, die in autoritären Regimen leben und auf sichere Kommunikation angewiesen sind.

Dies stellte auch bereits die Experten-Anhörung des Deutschen Bundestages zu dem Thema am 1.3.2023 fest.

Echte Alternativen für den Kinderschutz

Wir alle wollen Kinder schützen, aber nicht um den Preis unserer Grundrechte und unserer digitalen Sicherheit. Die Wissenschaft zeigt klare Wege auf: Statt technischer Überwachungsfantasien brauchen wir mehr Bildung über Medienkompetenzen, bessere Beratungsstellen für Betroffene und eine konsequente und effektive Strafverfolgung mit den bereits verfügbaren Mitteln. Wie die eco-Beschwerdestelle beweist: Effektiver Kinderschutz funktioniert auch ohne anlasslose Überwachung. Mit einer Löschquote von 99 Prozent bei gemeldeten illegalen Inhalten.

Quelle: https://www.eco.de/presse/eco-warnt-vor-chatkontrolle-keine-aufweichung-sicherer-verschluesselung/ bzw. Interview mit Klaus Landefeld (eco): https://netzpolitik.org/2025/chatkontrolle-total-unausgegoren-und-technisch-nicht-tragfaehig/

Der Kampf ist noch nicht gewonnen

Auch wenn der aktuelle Erfolg zu feiern ist, ist der Kampf gegen die Chatkontrolle noch nicht gewonnen. Die Abstimmung im EU-Rat am 14. Oktober wurde zwar abgesagt, aber die dänische Ratspräsidentschaft macht weiterhin massiven Druck. Ohne eine deutsche Sperrminorität könnte das Vorhaben noch immer durchkommen.

Eine kurzfristig vom Bündnis "Chatkontrolle Stoppen" gestartete Petition erreichte innerhalb weniger Tage 300.000 Unterstützerunterschriften. Das zeigt, wie sehr die Menschen der Gedanken daran aufwühlt, dass der Staat ihre private Kommunikation überwachen will. Auch jetzt kann man noch mitzeichnen.

Es ist entscheidend, dass sich die Bundesregierung nicht nur gegen anlasslose Chatkontrolle positioniert, sondern generell gegen jede Form des Client-Side-Scanning, um nicht die technischen Grundlagen sicherer Kommunikation zu zerstören. Wir danken allen, die sich in den vergangenen Tagen und Jahren gegen die Chatkontrolle eingesetzt haben!

join the movement - stop scanning meLOAD e.V. ist Teil des Bündnisses "Chatkontrolle stoppen" und setzt sich seit Jahren für digitale Grundrechte und sichere Kommunikation ein. Mehr zu unserem Engagement gegen die Chatkontrolle findet ihr unter https://load-ev.de/tag/chatkontrolle/.

Bildnachweis Beitragsbild: CC-BY-SA 4.0 Jakob Rieger/Digitale Freiheit