Ein breites Bündnis von mehr als 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter auch wir von LOAD, fordert Union und SPD bei der Erstellung ihres Koalitionsvertrags zur Errichtung einer „digitalen Brandmauer“ auf. Mit zwölf konkreten Forderungen sollen in der kommenden Bundesregierung Grundrechte und Demokratie im digitalen Raum gestärkt und vor Missbrauch geschützt werden. Die aktuellen Geschehnisse in den USA zeigen auf, wie eine Änderung der Regierung genutzt werden kann, um staatliche Strukturen handstreichartig zu übernehmen und nachhaltig zu beschädigen. Die Forderungen erstrecken sich auf drei Bereiche: das klare Bekenntnis gegen Überwachung, Gewährleistung von IT-Sicherheit für alle und der Schutz von Demokratie im digitalen Raum.
Aus Sicht von LOAD lassen sie sich wie folgt zusammenfassen:
- Aktionistisch eingeführte staatliche Überwachungsmaßnahmen sind keine technischen Allheilmittel. Sie bergen vielmehr erhebliche Missbrauchsrisiken und untergraben die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger. Statt blinder Massenüberwachung braucht es eine evidenzbasierte Politik mit differenzierten Lösungsansätzen.
Dazu ist es unerlässlich, die Überwachungsgesamtrechnung endlich zu veröffentlichen, kontinuierlich fortzuführen und den Umfang staatlicher Überwachungsbefugnisse entsprechend anzupassen. Wir lehnen insbesondere die biometrische Massenüberwachung des öffentlichen Raums, die ungezielte biometrische Analyse des Internets, die anlasslose und massenhafte Vorratsdatenspeicherung sowie die automatisierte Zusammenführung und Auswertung von Datenbeständen aller Strafverfolgungsbehörden ab. - Jeder Angriff auf IT-Systeme zeigt, wie entscheidend das Schließen von Schwachstellen ist. Dennoch werden Sicherheitslücken nicht systematisch gemeldet und behoben – im Gegenteil: Der Staat trägt sogar selbst dazu bei, sie offenzuhalten. Wir fordern daher die Einführung eines Rechts auf Verschlüsselung, anstatt mit der Chatkontrolle die Vertraulichkeit der Kommunikation grundsätzlich auszuhöhlen. Ebenso notwendig sind die komplette Entkriminalisierung der IT-Sicherheitsforschung und die Einführung eines behördlichen Schwachstellenmanagements. Die anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets wird geschützt und ermöglicht. Dazu gehört auch ein wirksamer Kinder- und Jugendmedienschutz, ohne dabei durch verpflichtende Altersverifikationen ihre Grundrechte zu untergraben.
- Private Überwachung und Machtkonzentration müssen entschieden bekämpft werden. Die willkürliche und antidemokratische Machtausübung durch Tech-Oligarchen erfordert einen Paradigmenwechsel in der deutschen Digitalpolitik sowie ein klares Bekenntnis zu dezentralen öffentlichen Räumen und einer konsequenten Rechtsdurchsetzung durch bestehende Aufsichtsstrukturen. US-Drohungen gegen europäische Tech-Regulierungen dürfen nicht dazu führen, dass wir unsere Werte aufgeben. Stattdessen braucht es durchsetzungsstarke und unabhängige Aufsichtsstrukturen in der Plattformregulierung, im Datenschutzrecht und im Kartellrecht. Für demokratische Teilhabe auch im digitalen Raum muss gute digitale Bildung zur Priorität werden. Sie soll Menschen befähigen, frei zugänglich sein und allen gesellschaftlichen Gruppen unabhängig von Alter und Bildungsgrad offenstehen.