Wofür stehen die deutschen Parteien digitalpolitisch bei der Bundestagswahl 2021?
Wir haben Parteien gebeten, ihre Ideen zu digitalpolitischen Themen darzulegen.
Die Antworten sollen die Möglichkeit geben, die unterschiedlichen Standpunkte der Parteien zur Netzpolitik kennenzulernen und diese bei Ihrer Wahl zu berücksichtigen.
Vielen Dank an alle Parteien für ihre Antworten.
- 😍: LOAD-Zustimmung zu der These
- 😐: LOAD bewertet diese These neutral
- 🤬: LOAD-Ablehnung der These
- ❓: Keine explizite Antwort der Partei
1. Welche Szenarien können Sie sich vorstellen, in denen (mitunter KI-basierte) Algorithmen unumkehrbare Entscheidungen treffen dürfen/sollten? Inwiefern sollen die Entscheidungsregeln für die Betroffenen transparent sein? Wie wird hierbei sichergestellt, dass Innovationen möglich bleiben?
Bei der Bewertung dieser Thematik sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. So ist zum Beispiel unklar, wann eine Entscheidung als „unumkehrbar" definiert werden kann, beziehungsweise sollte. Es gibt zudem viele weitere Kriterien, die in der aktuellen Debatte bezüglich der Regulierung von Algorithmen eine große Rolle spielen, wie etwa Anwendungsgebiete, Risikobehaftung, Art der Algorithmen und KI-Systeme, die Frage, ob Ermessenspielraum vorliegt.
Grundsätzlich sind algorithmische „Entscheider" allgemein und „Künstliche Intelligenz" (KI) im Besonderen im privatwirtschaftlichen Kontext längst in unzähligen Bereichen unseres Alltages angekommen. Deutschland muss deshalb Entwicklungen in verschiedenen Bereich durch sinnvolle institutionelle Rahmenbedingungen stützen, den Forschergeist stärken und Innovationen durch ein modernes Wettbewerbs- und Patentrecht fördern.
Auch wollen wir digitale Freiheitszonen zur Förderung digitaler und innovativer Geschäftsmodelle einführen, um die Entstehung von Clustern, insbesondere bei IT-Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, zu begünstigen. Dort sollen weniger Regularien gelten. Steuerliche Forschungsförderung, bessere Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups und weniger Bürokratie sollen Gründungen erleichtern. Wir sind der Überzeugung, dass KI-Systeme auch im öffentlichen Bereich, beispielsweise in der öffentlichen Verwaltung, enormes transformatives Potenzial bergen und setzen uns dafür ein, es zügig zu heben, um staatliche Leistungserbringung schneller und besser zu machen. Sie können uns durch Automatisierung von Standardverfahren perspektivisch von viel Bürokratie befreien.
Deshalb fordern wir eine KI-Roadmap für die öffentliche Verwaltung (Deutscher Bundestag-Drs. 19/22182).
Bei all dem gilt es, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von algorithmenbasierten Ergebnissen zu gewährleisten. Bürgerinnen und Bürger müssen KI-basierte Ergebnisse nachvollziehen können, wenn KI-Systeme dafür personenbezogene Daten verarbeiten oder die Bürgerinnen und Bürger von ihnen in anderer Weise unmittelbar betroffen sind. Dafür setzt sich die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag auf nationaler Ebene ein (vgl. Deutscher Bundestag 19/28430) ) und begleitet aktuelle politische Prozesse zu einer KI-Regulierung auf europäischer und internationaler Ebene konstruktiv.
Datenverarbeitende und selbstlernende Systeme haben das Potenzial, neues Wissen zu generieren und so nachhaltigeres Handeln zu ermöglichen.
Autonom entscheidende Systeme sind nicht neutral. Sie beruhen auf Daten und damit auch auf Werten und Vorurteilen aus der analogen Welt.
Wir GRÜNE wollen daher Transparenz, Überprüfbarkeit und Grenzen, damit algorithmische Entscheidungssysteme nicht diskriminierend wirken. Wir schaffen einen nach Risiken abgestuften Ordnungsrahmen für den Einsatz automatischer Systeme, klare Regeln zur Nachvollziehbarkeit, zum Datenschutz und zur Datenqualität, um Kontrolle und Haftung zu ermöglichen. Das bedeutet auch eine Modernisierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie strenge Kriterien für den Einsatz von algorithmischen und automatischen Entscheidungen, insbesondere in der öffentlichen Verwaltung. Auch Plattformanbieter*innen müssen ihre automatisierten Entscheidungen, Vergleiche oder Preise transparent machen und erklären können.
Für DIE LINKE ist hier ein entscheidender Unterschied, inwieweit die Entscheidungen über Menschen getroffen werden oder bspw. auf ihre Teilhabemöglichkeiten Einfluss ausüben. Insbesondere, wenn ADM-Systeme in Bereichen der äußeren und inneren Sicherheit eingesetzt werden sollen, wo es also eher einen besonderen Grundrechtebezug geben kann (bis hin zum Tod von Zivilist*innen etwa beim Einsatz tödlicher autonomer Waffensysteme), ist das Schadenspotenzial erheblich. Gesichtserkennung im öffentlichen Raum und autonome Waffensysteme lehnen wir ab. Darüber hinaus sollten ADM-Systeme nur eingesetzt werden, wenn sie ausgereift sind, zuverlässig arbeiten, nicht unverhältnismäßig in Grundrechte eingreifen und wenn das transparent und nachvollziehbar überprüft wird. Die Nachvollziehbarkeit von ADM-basierten Entscheidungen oder Entscheidungsvorbereitungen sollte sichergestellt werden. DIE LINKE fordert deutlich strengere Vorgaben für die Bewertung und Risikoklassifizierung von KI-Systemen und befürwortet ein Bewertungsverfahren anhand eines standardisierten Risikoklassenmodells. Die Risikoklasseneinstufung sowie die vorgeschaltete Bewertung eines KI-Systems sollten in einem transparenten und nachvollziehbaren Prozess erfolgen. Bei Anwendungen ohne Auswirkung auf Teilhabe und Grundrechtsbezug können unumkehrbare Entscheidungen sinnvoll sein, etwa bei Systemen, denen kein Risiko- oder Schadenspotenzial zugewiesen wird.: Etwa KI-basierte Postkorbsortierung in Behörden, um nur ein Beispiel zu nennen.
Unumkehrbare Entscheidungen können KI-basierte Algorithmen beispielsweise bei Sortier-Aufgaben treffen, beim autonomen Fahren, oder im medizinischen Einsatz bei Operationen. Diese Unumkehrbarkeit gilt jedoch immer nur für den Moment, eine Übernahme der Kontrolle bzw. ein Eingriff durch den Menschen als Entscheider für folgende Situationen sollte jederzeit möglich sein.
Insbesondere sollten immer dann Menschen die letzte Entscheidung haben, wenn Entscheidungen die Selbstbestimmtheit der Menschen beeinflussen können. Beispielsweise bei der Leistungseinschätzung und Bewertung von Schülern oder beim Einsatz von Waffen gegen Personen. Künstliche Intelligenz soll immer unter Berücksichtigung der Menschenrechte, von Integration, Vielfalt, Innovation und Wirtschaftswachstum implementiert werden. Wo diese eine letzte Entscheidung ausschließt, so ist sie dem Menschen vorzubehalten.
Nur wenn Systeme transparent gestaltet sind, es eine funktionierende Aufsicht gibt und die Bevölkerung die Kompetenzen hat, um informiert Systemen umzugehen, die für uns Entscheidungen treffen, können sie positiv zu unserer Gesellschaft beitragen.
Wo durch staatliche Stellen Algorithmen oder KI verwendet werden, sollten diese offengelegt bzw. transparent und frei verfügbar zur Verfügung gestellt werden. Transparenz gegenüber den Betroffenen sehen wir nicht als Hemmnis für Innovation. Für uns gilt: „We grow, when we share.“
Volt fördert den Einsatz und die Verbreitung von KI-Systemen bei Einhaltung Europäischer Werte. Mit diesen gehen die Transparenz der zugrundeliegenden Trainingsdaten und Entscheidungsprozesse einher. Insbesondere dürfen Menschen nie allein durch die Entscheidung eines KI-Systems benachteiligt werden.
Fällt eine Entscheidung eines KI-Systems zu Ungunsten eines Menschen aus, so muss diese Entscheidung zwingend per Hand überprüft werden. Haftungsthemen für Entwickler*innen, Auftraggeber und Betreiber von KI müssen von der Regulation ganzheitlich behandelt werden, dass auf allen Ebenen ein verantwortlicher und durchgängig dokumentierter Umgang mit Trainingsdaten gefördert wird und vorsätzliche Datenmanipulation bestraft wird.
Wir sind grundsätzlich nicht der Meinung, dass durch solche Diskriminierung verhindernden Regelungen Innovationen verhindert werden. Klar ist aber, dass mit zunehmender Komplexität künstliche Intelligenz eigentlich nur durch andere künstliche Intelligenzen (sogenannte Kontroll-KIs) kontrolliert werden können. Die Entwicklung solcher Kontroll-KIs würde die Wirtschaft aber natürlich Zeit und Geld kosten und damit tatsächlich Innovationen verhindern. Deswegen schlagen wir ein europäisches Forschungszentrum für KI vor, das neben vielen anderen Aufgaben auch die Entwicklung und kostenlose Bereitstellung von KI-Sicherheitsmodulen übernehmen soll, die es Unternehmen ermöglichen, möglichst einfach den Regelungen zu entsprechen.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Die Antwort beinhaltet die These, dass jede Anwendungsentscheidung grundsätzlich geprüft werden muss. Das finden wir zu pauschal und würde den Sinn einer Automatisierung widersprechen.Andernfalls bräuchten wir dann auch noch eine Kontroll-Kontroll-KI und eine Kontroll-Kontroll-Kontrol-KI und eine ...
Es war uns noch nicht möglich, eine detaillierte Position zu gesetzlichen Regelungen zu entwickeln. Bei einer etwaigen politischen Entscheidung zu diesem Thema würde wir den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand und die Einschätzung von Experten einbeziehen.
2. Was verstehen Sie unter Desinformation und wie genau grenzen Sie diese von Satire/Meinungsfreiheit ab? Wie wollen Sie mit Desinformationskampagnen umgehen, wie mit Hass im Netz und welche Instanz sollte mit welchen Mitteln über die Einordnung entscheiden? Bitte detailliert mit Beispielen antworten!
Unter Desinformation verstehen wir Freie Demokraten die Verbreitung von inhaltlichen Kampagnen, die dazu geeignet sind durch eine Auswahl von Falschinformationen oder selektiv beziehungsweisebewusst manipulativ arrangierten Informationen Angriffe auf den demokratischen Zusammenhalt von Gesellschaften zu bewirken.
Mit Desinformationskampagnen können kurzfristige Ziele, wie die manipulative Beeinflussung der öffentlichen Debatte vor einer Wahl, oder auch langfristige Ziele wie die Schwächung des Vertrauens in demokratische Institutionen insgesamt verfolgt werden. Wir wollen die liberalen Demokratien Europas dazu befähigen, Desinformation, Fake-News-Kampagnen, Propaganda sowie Manipulationen aus dem In- und Ausland besser abwehren zu können. Außerdem setzen wir uns für die Schaffung einer Bundeszentrale für digitale Bildung ein. Diese soll in drei Säulen Aufgaben der Koordination, Qualitätssicherung und Vermittlung digitaler Bildung in Deutschland übernehmen. Dabei sollen insbesondere Themen wie Desinformation, IT-Sicherheit, Datenschutz und künstliche Intelligenz, aber auch Hatespeech, Cybermobbing und Online-Sucht abgedeckt werden. Darüber hinaus brauchen wir lebenslange Lernkonzepte zur Vermittlung von Digital- und Medienkompetenz, so dass sich Personen jeglichen Alters sicher im Internet bewegen und Inhalte dem Zusammenhang entsprechend verstehen und bewerten können.
Leider nehmen Straftaten, Hass und Hetze im Internet weiter zu. Der Staat steht hier in der Pflicht, entschieden zu handeln – und Persönlichkeitsrechte sowie die freie Meinungsäußerung effektiv zuschützen. Wir Freie Demokraten sehen es primär als Aufgabe des Staates an, gegen strafbare Handlungen im Netz vorzugehen. Deshalb wollen wir das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) abschaffen und durch einen Regulierungsmix ersetzen, der den Schutz der Meinungsfreiheit in vollem Umfang gewährleistet. Wir wollen die Opfer von Gewalt im Internet und von Hasskriminalität außerdem in die Lage versetzen, sich zu wehren, indem sie einen wirksamen Auskunftsanspruch gegen Plattformen und Internetprovider erhalten. Mit Medienbildung bei Kindern und Jugendlichen sowie Weiterbildungen und Schulungen für Polizei und Justiz möchten wir Betroffene besser unterstützen.
Für den Umgang mit Desinformation und die Rechtskontrolle der Anbieter verbessern wir die nationale und europäische Aufsicht, unter anderem mit einer gemeinsamen Medienanstalt der Länder. Eine generelle Verpflichtung zum Einsatz von Uploadfiltern lehnen wir GRÜNE ab. Betroffene müssen sich schnell gegen Angriffe im Netz wehren können. Dafür unterstützen wir einen ambitionierten Digital Services Act, den effektiven Umgang mit Nutzer*innenbeschwerden, eine Verbesserung der Strafverfolgung und zivilrechtliche Durchsetzungen. Hierfür brauchen wir personell wie technisch bestmöglich aufgestellte Strafverfolgungsbehörden.
Plattformbetreiber*innen dürfen bestehende Rechte nicht aushöhlen, sind für eigene Inhalte haftbar und müssen beim Moderieren von Inhalten die Grundrechte wahren. Große Anbieter*innen zahlen eine Abgabe für unabhängige Beratungsangebote. Dies bündeln wir in ein Gesetz für digitalen Gewaltschutz, das die Möglichkeit beinhaltet, gegen Accounts vorzugehen, wenn kein*e Täter*in festgestellt wird.
Begründung für die negative Bewertung von LOAD:
Bündnis 90 / DIE GRÜNEN wollen die Plattformen für usergenerierte Inhalte haftbar machen. Das lehnen wir ab, da wir hier die Gefahr eines Overblockings sehen.
Die Entscheidungshoheit über die Legalität einer Veröffentlichung darf nicht bei privaten Plattformen liegen.
Unter dem Begriff 'Desinformation' werden gezielt verbreitete Falschinformationen verstanden, die bewusst irreführend oder manipulativ sind - das ist auch das Verständnis der LINKEN. Im Unterschied zur Satire sind sie nicht von der Kunstfreiheit gedeckt. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes, vom Grundgesetz geschütztes Gut, das für DIE LINKE höchste Bedeutung hat, nicht zuletzt durch die Befassung mit der Geschichte unserer eigenen Partei. Der Unterschied zwischen von der Meinungsfreiheit oder Satire gedeckten Ausdrucksformen einerseits und Desinformation andererseits liegt darin, dass Desinformation verbreitet wird, um die Öffentlichkeit und die politische Willensbildung Einzelner gezielt zu manipulieren. Das begegnet uns aktuell im Inland etwa durch gesteuerte Kampagnen von 'Corona-Leugner*innen' oder durch Rechtsradikale. Zwischen beiden gibt es Überschneidungen. Desinformation ist aber auch eine Methode von Nachrichtendiensten, die bspw. Wahlen anderer Staaten beeinflussen wollen.
Für DIE LINKE ist deutlich verbesserte Medienbildung für alle Altersgruppen wesentlich zur Bekämpfung von Desinformation und Hass - im Netz wie analog. Aus Bekämpfung von Desinformation darf keine Zensur werden: Deswegen fordert DIE LINKE, dass die Entscheidung über Online-Inhalte nicht von privaten Unternehmen getroffen werden darf, sondern von öffentlichen Stellen übernommen werden muss. Es darf kein Plattform-Parallelrecht ohne öffentliche Kontrolle geben. Hass im Netz muss viel konsequenter verfolgt werden: DIE LINKE fordert verpflichtende Weiterbildungen sowie adäquate IT-Ausstattung für Polizei und Justiz und angemessene Ressourcen für Beratungsstellen zur Unterstützung der Betroffenen bundesweit. Die Plattformen müssen transparent agieren, Ansprechpartner*innen im Land und einfach erreichbar Melde- und Widerspruchsmöglichkeiten anbieten.
Wir wollen das Problem durch eine Stärkung der Medienkompetenz, also mit Ansätzen aus der Bildungspolitik angehen. Der Kampf gegen "Hass im Netz" darf nicht zum Kampf gegen die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung werden. Wir fordern eine Abschaffung des NetzDG und eine Rückgängigmachung jener Aspekte im neuen Medienstaatsvertrag, die der anonymen und unbeschränkten Veröffentlichung von Informationen im Wege stehen.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage, wie mit Desinformationskampagnen umgegangen werden soll.
Als Desinformation verstehen wir Falschinformation, die zu Manipulationszwecken gestreut werden. Darunter fallen unbewiesene Behauptungen, Falschaussagen oder inhaltlich falsch wiedergegebene oder aus dem Kontext gerissene Informationen. Satire dagegen verfolgt nicht das Ziel des in die Irre führens, sondern ist im Gegenteil meist bewusst überzeichnet und unglaubwürdig gestaltet.
Desinformation zu erkennen sollte Teil der Medienkompetenz jeder Person sein. Diese wollen wir durch schulische und außerschulische Bildung (etwa in Form von Weiterbildungsangeboten für Unternehmen bzw. deren Mitarbeitenden) stärken. Darüber hinaus halten wir Bestrebungen, die Verbreitung von Falschinformationen mit stärkeren strafrechtlichen Sanktionen zu belegen, für äußerst bedenklich und lehnen diese daher ab.
Volt begrüßt grundsätzlich den Versuch des Netzwerkdurchsetzungsgesetz, “offensichtlich rechtswidrige” Inhalte von den digitalen Plattformen zu entfernen. Zu kritisieren ist aber, dass keine Gerichte, sondern die Betreibenden selbst die Evaluierung der gemeldeten Inhalte vornehmen und die Maßnahmen dieser Betreibenden für den*die Einzelne*n oft intransparent bleiben.
Wir wollen eine öffentlich-rechtliche bzw. staatliche Beratungs-und Clearingstelle einrichten. Bürger*innen können sich an sie wenden, wenn aus ihrer Sicht Maßnahmen gegen im Netz getätigte Äußerungen notwendig sind. Die Beratungs- und Clearingstelle nimmt eine außergerichtliche Vorprüfung des Sachverhalts vor, wendet sich bei Bedarf direkt an den*die Betreiber*in und kann die Herausgabe von Informationen verlangen.
Darüber hinaus wollen wir die Möglichkeit schaffen, Online-Auftritte direkt sanktionieren zu können, wenn die Personen dahinter nicht auffindbar sind. Aktuell werden viele Verfahren aufgrund der Anonymität der Verfasser*innen einer Aussage eingestellt. Anstatt diese Verfahren einzustellen soll es möglich sein, die Online-Auftritte nach Abschluss eines rechtsstaatlichen Verfahrens direkt mit Strafen (wie etwa temporärer Sperrung) zu belegen.
Versuche, die mögliche Anonymität im Netz durch Klarnamenpflicht oder eine Verifizierung für die Nutzung von Social Media Accounts einzuschränken, lehnen wir strikt ab.
Unter Desinformation verstehen wir das gezielte Verbreiten von Falschinformationen mit dem Ziel, die Gesellschaft, einzelne Gruppen oder Einzelpersonen zu täuschen, um die eigenen politischen oder wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen.
Desinformationskampagnen sind unserer Auffassung nach gezielte Lügen mit dem Zweck, Gesellschaften zu spalten und damit zu destabilisieren. Sie arbeiten gegen qualitativ hochwertigen Journalismus und konterkarieren unser Ideal eines aufgeklärten Bürgers. Damit sind sie eine Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie. Aus diesem Grund wollen wir Desinformationskampagnen bekämpfen. Dabei gehen wir mehrschichtig vor:
Präventiv möchten wir die Menschen dazu ausbilden, resilient gegenüber Desinformation zu werden. Entsprechende Forschung möchten wir fördern. Wir wollen freie Bildungsmöglichkeiten schaffen, in denen digitale Technologien – und eine kritisch-rationale Auseinandersetzung mit diesen – essenzieller Bestandteil sind, um jeden Menschen dazu zu befähigen, sein Leben selbstbestimmt zu gestalten. So wird es jedem ermöglicht, einen möglichst unverzerrten Blick auf die Welt zu werfen und die Herausforderung von Desinformationskampagnen zu meistern.
Akut muss eine laufende Desinformationskampagne mit einem Zusammenschluss verschiedener Akteure identifiziert und bekämpft werden. Wir können uns vorstellen, hierfür langfristig ein unabhängiges Konsortium aus Forschern, Journalisten und sonstigen Sachverständigen als schnelle Eingreiftruppe zum Faktenprüfen zu etablieren. Große Online-Plattformen sollen dabei unterstützen, die Verbreitung von Desinformationen zu verhindern.
Dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) stehen wir mit Blick auf Overblocking kritisch gegenüber und fordern eine umfassende Prüfung auf seine
Verfassungskonformität.
3. Vor dem Hintergrund, dass sichere, vertrauliche Kommunikation mathematisch bewiesen nicht möglich ist, wenn es Hintertüren zum Mitlesen für Strafverfolger und Geheimdienste gibt: Sind Sie für die Abschaffung des elektronischen Briefgeheimnisses zugunsten einer Strafverfolgung? Warum?
Wir Freie Demokraten setzen uns für ein Recht auf Verschlüsselung ein und fordern eine grundsätzliche Verschlüsselung elektronischer Kommunikation. Jede Einschränkung des Einsatzes von Kryptographie und jede Verpflichtung zum Offenhalten von IT-Sicherheitslücken lehnen wir ab. Bei der Verschlüsselung von Daten und des Netzverkehrs geht es um den Schutz des Eigentums, der Privatsphäre und der Vertraulichkeit der Kommunikation. Zum Schutz der Privatsphäre gehört auch, dass zur straf- und zivilrechtlichen Verfolgung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen die Ermittlung der Identität von Kommunikationsteilnehmern ermöglicht werden kann. Statt der Ausnutzung von Sicherheitslücken fordern wir eine Priorität für die IT-Sicherheit und ein klar geregeltes Schwachstellenmanagement. Der Staat darf keine Sicherheitslücken für Ermittlungszwecke aufkaufen. Wenn einer staatlichen Stelle Sicherheitslücken bekannt werden, muss sie diese umgehend dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) melden, welches eine Schließung der Lücke durch den Hersteller herbeiführt oder, wenn dies nicht gelingt, die Lücke nach den allgemeinen Grundsätzen der Cybersicherheit koordiniert veröffentlicht.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Wir sehen einen Widerspruch in der Forderung, die Identitätsermittlung von Kommunikationsteilnehmern zu ermöglichen und zu der Forderung nach einer grundsätzlichen Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum (siehe Frage 7).
Unsere Position ist eindeutig. Wir GRÜNE werden das Briefgeheimnis nicht aufheben. Sichere, vertrauensvolle und verschlüsselte Kommunikation muss möglich sein. Verschlüsselte Kommunikation rettet tagtäglich Menschenleben. In den sozialen Medien werden Menschenrechtsverletzungen, die ansonsten unentdeckt geblieben wären, für alle sichtbar. Daher lehnen wir eine generelle Verpflichtung von Unternehmen zum Verbauen von Hintertüren, also bewussten Schwachstellen, ab, damit diese von staatlichen Stellen genutzt werden können. Diese Schwachstellen gehen auf Kosten der IT-Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger, da diese Schwachstellen auch von kriminellen Dritten genutzt werden können. Wir fordern das Offenhalten, das Handeln und erst recht das bewusste Implementieren von Schwachstellen umgehend zu beenden und im Gegenteil eine Meldepflicht für Schwachstellen einzuführen.
Eingriffe in das Briefgeheimnis sind in der analogen Welt nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen möglich. Diese dürfen in der digitalen Welt keinesfalls unterlaufen werden.
Maßnahmen wie den Einsatz von "Staatstrojanern", die negative Auswirkungen auf die gesamte IT-Sicherheit haben können, lehnen wir ab.
Nein, im Gegenteil. Wir PIRATEN setzen uns für die bedingungslose Bewahrung der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger gegenüber staatlicher Überwachung in jedweder Form ein. Um dies zu erreichen, streben wir die Abschaffung des großen Lauschangriffs sowie die Abschaffung der Eingriffe in das Briefgeheimnis sowie in das Post- und Fernmeldegeheimnis durch eine Grundgesetzänderung an. Zur Abschaffung des großen Lauschangriffs sollen dazu konkret die Absätze 3 bis 6 des Art. 13 Grundgesetz (GG) wieder entfernt werden. Zur Abschaffung der Eingriffe in das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis soll dazu konkret der Absatz 2 des Art. 10 Grundgesetz (GG) entfernt werden. Die Erfahrungen z. B. mit dem „Staatstrojaner“ haben gezeigt, dass der Staat einen verantwortungsvollen Umgang mit Eingriffen in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger nicht gewährleisten kann und dass weiterhin kein Konzept für eine wirksame Kontrolle solcher staatlicher Eingriffe existiert.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Wir lehnen die vollständige Abschaffung rechtstaatlicher Mittel zur Strafverfolgung (z.B. Hausdurchsuchungen, Abhörmaßnahmen) ab, da andernfalls die Prävention und Strafverfolgung zu stark eingeschränkt wird.
Volt setzt sich für die konsequente Übertragung der Grundrechte aller Bürger*innen in den digitalen Bereich ein. Eine Abschaffung des elektronischen Briefgeheimnisses ist damit nicht vereinbar. Vielmehr wollen wir uns für ein Recht auf Verschlüsselung der eigenen Daten aller Bürger*innen einsetzen. Hintertüren für staatliche Institutionen oder geheim gehaltene Sicherheitslücken sind potenzielle Einfallstore für (kriminelle) Dritte. Zudem wäre Software, die nicht für den öffentlichen Markt bestimmt ist, von solchen Regelungen nicht betroffen. Kriminelle Organisationen würden daher vermehrt auf Software ohne Hintertür setzen. Die allgemeine Bevölkerung wäre dennoch von diesen Schwachstellen betroffen. Die erwünschte Wirkung des Zugriffes auf Daten krimineller Organisationen wäre somit nicht vorhanden. Daher lehnen wir Hintertüren für und die Geheimhaltung von Sicherheitslücken durch staatliche Institutionen ab und sichern dies langfristig durch ein Recht auf Verschlüsselung ausnahmslos zu. Außerdem wollen wir das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik aus dem Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums herauslösen. Es soll dem zukünftigen Digitalministerium unterstellt oder alternativ vollständig unabhängig werden, um sich ohne Interessenkonflikte auf die Stärkung der IT-Sicherheit für Staat, Unternehmen und Bürger*innen fokussieren zu können.
Eine Abschaffung des elektronischen Briefgeheimnisses lehnen wir ab. Das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (auch G 10 oder Artikel 10-Gesetz genannt) reglementiert den Eingriff in das Briefgeheimnis von Telekommunikationsdiensten und benennt in §3 Abschnitt 2 die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit in Einzelfällen ein Eingriff in das Briefgeheimnis durch die in §1 Abschnitt 1 benannten Instanzen durchgeführt werden darf.
Nach §2 sind die Anbieter von Telekommunikationsdiensten verpflichtet, den in §1 erwähnten Instanzen den Zugang zum Ablesen der Kommunikation zu ermöglichen. Dies würde allerdings den Einsatz von Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen verhindern. Wir sehen dies als zu hohes Risiko für die IT-Sicherheit, welches nicht mit dem Nutzen der Strafverfolgung einzelner Personen gerechtfertigt werden kann. Das Artikel 10-Gesetz benötigt in unseren Augen daher eine Reformation bezüglich Telekommunikationsdiensten mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung dahingehend, dass diese in der Bundesrepublik weiterhin eingesetzt werden können.
4. Wie definieren Sie Internetkriminalität? Mit welcher Ausstattung und personellen Maßnahmen sollen Strafverfolgungsbehörden unterstützt werden, um der Internetkriminalität grundsätzlich Herr zu werden? Welche Vorhaben möchten Sie zu dem Thema in der nächsten Legislaturperiode umsetzen?
Der Begriff Internetkriminalität ist nicht abschließend definiert. Gewöhnlich werden damit alle Delikte bezeichnet, deren Tatort, Tatmittel oder Tatobjekt in Verbindung mit dem Internet stehen. Eine trennscharfe Abgrenzung zum älteren Begriff der Computerkriminalität ist nicht immer möglich. Zur effektiven Bekämpfung von Internetkriminalität und allen weiteren Kriminalitätsformen fordern wir Freie Demokraten eine bessere und funktionale Personal- und Sachausstattung für die Polizei. Dafür wollen wir entsprechende Mittel bereitstellen und die Infrastruktur schaffen. Insbesondere wollen wir mit einem Digitalpakt dafür sorgen, dass Polizistinnen und Polizisten in Deutschland mit dem neuesten Stand der Technik und mit kompatiblen IT-Infrastrukturen ausgerüstet sind. Denn die besten Gesetze helfen nicht weiter, wenn sie mangels Personals, durch fehlende Ausrüstung oder aufgrund dysfunktionaler IT-Infrastruktur nicht durchgesetzt werden können. Wir Freie Demokraten fordern, der Bekämpfung von Gewalt im Internet Priorität einzuräumen. Ergänzend zu spezialisierten Kräften in Polizei und Justiz sowie Schwerpunktstaatsanwaltschaften sollen in allen Bundesländern elektronische Verfahren zur Stellung von Strafanzeigen, die auch anonyme Anzeigen sowie Anzeigen von Nichtregierungsorganisationen zulassen, eingeführt werden und über Zentralstellen laufen. Um Straftaten insbesondere gegenüber Frauen besser zu bekämpfen, müssen geschlechterspezifische digitale Straftaten in Kriminalitätsstatistiken aufgenommen werden. So können konkrete Handlungsbedarfe abgeleitet und umgesetzt werden.
Um IT-Angriffe, ob von Kriminellen oder ausländischen Nachrichtendiensten abzuwehren, gilt es, die IT-Sicherheit insgesamt zu stärken. Der Staat ist in der Pflicht, die Bevölkerung effektiv vor solchen Angriffen zu schützen. Für Früherkennung, Analyse und das gemeinsame Vorgehen staatlicher Stellen braucht es ressortübergreifende Strategien zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen, klare rechtliche Vorgaben und eine starke parlamentarische Kontrolle für das Handeln der Sicherheitsbehörden im Cyberraum.
Die Digitalisierung der Justiz wie auch ihren Personalbedarf werden wir GRÜNE durch einen Bund-Länder-Digitalpakt Justiz in Fortsetzung und Konkretisierung des Ende 2021 auslaufenden Pakts für den Rechtsstaat mit ausreichender Finanzierung umsetzen. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen digital zusammenarbeiten können, wozu es einheitliche Programme und zureichende Bandbreiten braucht.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage, mit welcher Ausstattung und personellen Maßnahmen Strafverfolgungsbehörden unterstützt werden sollen.
Unter "Internetkriminalität" verstehen wir alle kriminellen Handlungen, die im Internet und auf digitalen Plattformen (Bedrohung, Beleidigung, Verbreitung von Privatgeheimnissen etc.) oder mit dem Internet oder digitaler Kommunikation als Tatmittel (Betrugsdelikte etc.) begangen werden.
Bei Ermittlungen fallen üblicherweise große Datenmengen an, die von den Strafverfolgungsbehörden verarbeitet werden müssen. Gerade in diesem Bereich müssen technische und personelle Ausstattung verbessert werden. Zugleich müssen im Bereich der Prävention mehr Maßnahmen entwickelt werden, um gerade weniger technik- und digitalaffine Nutzerinnen und Nutzer für kriminelle Bedrohungen aus dem Netz zu sensibilisieren. In erster Linie Aufgabe der Länder wäre es, flächendeckend Anlaufstellen für Betroffene von Internetkriminalität zu schaffen. Bislang bestehen solche lediglich bei den LKA im Bereich der Wirtschaftskriminalität zulasten von Unternehmen.
Internetkriminalität verstehen wir als Kriminalität, die unter maßgeblicher Zuhilfenahme des Internets verübt wird. Der Großteil der Straftaten übersetzt sich in Kriminalität im realen Leben.
Häufig lässt sich an dieser Schnittstelle mit bewährten Maßnahmen ansetzen, wie der Ermittlung beteiligter Personen. Forensische Methoden erlauben häufig Rückschluss auf Verursacher, die Ermittlung von Personen über die Abfrage von Bestandsdaten nach einem Quick Freeze lässt Rückschluss auf die Täter zu. Wichtigste Voraussetzung sind daher - neben der für die übliche Strafverfolgung notwendige Ausstattung mit Gerät und Personal - kompetente Mitarbeiter sowie zeitgemäße technische Ausstattung. Zwingend notwendig ist, dass im Fall von Internetkriminalität in sozialen Netzwerken die Diensteanbieter im Inland erreichbar sind und eine ladungsfähige Adresse haben.
Unter Internetkriminalität verorten wir alle Straftaten, die ohne das Internet so nicht möglich gewesen wären.
Strafverfolgungsbehörden sollen insbesondere durch qualifiziertes Personal unterstützt werden und zum Beispiel mit ethischen Hackern zusammenarbeiten, um ein besseres Verständnis für mögliche Gefahren für die Onlinesicherheit von Bürger*innen zu entwickeln.
Für unsere Positionen zum Thema Hassverbrechen, Cyber-Mobbing etc. verweisen wir auf die Antworten zu Frage 2. Diesen Maßnahmen wollen wir in der nächsten Legislaturperiode Priorität einräumen, da hierbei nicht nur Individuen, sondern auch der demokratische Diskurs insgesamt betroffen ist.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage, mit welcher Ausstattung und personellen Maßnahmen Strafverfolgungsbehörden unterstützt werden sollen.
Internetkriminalität fasst eine Vielzahl von Straftaten zusammen, die genauso geahndet werden müssen wie andere Straftaten auch. Dafür ist es nötig, Strafverfolgungsbehörden mit gut ausgebildetem Personal auszustatten. Zudem muss die bundes- und auch europaweite Zusammenarbeit stark ausgebaut werden. Wir wollen die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten, ohne ihre Freiheit unnötig zu beschränken. Im Zweifel entscheiden wir uns für die Freiheit.
Wir sehen im Internet auch ein Werkzeug der Demokratie und wollen es vor Manipulation und Machtmissbrauch schützen. Wir wollen eine Kultur der Freiheit, Offenheit, Dezentralität und Kooperation fördern. Staatliche Zensur wird nicht toleriert. Die Freiheit des Menschen, sein Wohl und seine Entwicklung stehen im Mittelpunkt unserer humanistischen Politik. Um diese Aspekte auch in der digitalen Welt gewährleisten zu können, sind Datenschutz, Datensicherheit und Privatsphäre zentrale Anliegen für uns. Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität müssen immer gegen diese Werte abgewogen werden. Wir lehnen es ab, Maßnahmen einzuführen, die Menschen online unter Generalverdacht stellen oder die Sicherheit von IT-Infrastrukturen gefährden.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage, mit welcher Ausstattung und personellen Maßnahmen Strafverfolgungsbehörden unterstützt werden sollen.
5. Sollte der Staat in der Pflicht sein, den Menschen parallel analoge und digitale Lösungen anzubieten (Impfausweis vs. digitales Impfzertifikat)? Inwiefern darf ein digitales Angebot durch ihn Zugangsvoraussetzung zum angebotenen Service sein? Wie stellt er Barrierefreiheit sicher?
Grundsätzlich gilt: staatliche Leistungen und die Frage, wer anspruchsberechtigt ist, muss sich immer am Menschen orientieren, nicht daran, über welche technische Ausstattung jemand verfügt. Das ergibt sich schon aus dem Grundgesetz und dem Grundsatz der Gleichbehandlung.
Dementsprechend gilt auch: immer wenn der Staat Leistungen anbietet, die nicht aus bestimmten Gründen ausschließlich einen Personenkreis, der in Besitz eines bestimmten technischen Endgeräts ist, betreffen, müssen alle Anspruchsberechtigten prinzipiell und unabhängig von ihrer technischen Ausstattung Zugang zu den betreffenden Leistungen haben. Allein deshalb sollten auch analoge Lösungen vorgehalten werden.
Wenn der Staat digitale Lösungen anbietet ist es, vom Grundsatz der Gleichbehandlung ausgehend, weiterhin wichtig, diese möglichst barrierefrei auszugestalten. Das heißt, es sollte mindestens aufmöglichst weitreichende Endgeräte- und Betriebssystemkompatibilität, sowie größtmögliche Nutzerfreundlichkeit geachtet werden. Ferner sollten staatliche, digitale Lösungen nach Möglichkeit quelloffen sein, damit größtmögliche Transparenz gewährleistet ist und die Zivilgesellschaft eingebunden ist und Verbesserungsvorschläge machen kann.
Mit mehr barrierefreien E-Government-Dienstleistungen, sicheren digitalen Beteiligungsformaten im Planungsrecht und Open Government wollen wir GRÜNE unsere Verwaltung modernisieren und unnötige Bürokratie abbauen. Verwaltungsverfahren sollen stets digital gedacht und gestaltet werden, vor allem auch in der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass die Türen des Staates auch für den persönlichen Kontakt mit den Bürger*innen geöffnet bleiben und durch mobile Angebote ergänzt werden. Die Nutzung von Verwaltungsleistungen muss auch für Menschen möglich sein, die diese nicht digital nutzen können oder wollen. Die Nutzung der digitalen Verwaltungsleistungen soll über einen zentralen Zugang erfolgen. Der Austausch von Unterlagen unter den Behörden muss nach Zustimmung und unter Beachtung des Datenschutzes möglich sein.
Für Die Linke ist gesellschaftliche Teilhabe zentraler Kern von Politik und selbstverständlich darf niemand ausgeschlossen werden, weil bestimmte technische Voraussetzungen nicht vorhanden sind oder weil Menschen sie nicht nutzen wollen. Es muss immer auch die Möglichkeit geben, staatliche Leistungen auf analogem Weg in Anspruch zu nehmen.
Nicht alle Menschen haben Zugang zum Internet - nicht zuletzt, weil der Staat bislang nicht dafür sorgt, dass überall stabile Breitband- und/oder Mobilfunk-Netze vorhanden sind - und nicht alle haben moderne Hard- und Software. Digitale Lösungen müssen den Anforderungen an Barrierefreiheit in jedem Fall entsprechen.
Ja, der Staat sollte den Menschen sowohl analoge als auch digitale Lösungen anbieten, denn nicht alle Menschen besitzen Zugang zu den digitalen Lösungen, oder wollen diese nutzen. Ein alleinig digitales Angebot schließt daher Menschen aus. In Bezug auf staatliche Leistungen wäre dies unverhältnismäßig und daher strikt abzulehnen, auch weil hier die Barrierefreiheit nicht gewährleistet werden kann.
Grundsätzlich sollten Alternativen zu digitalen Lösungen angeboten werden. Daher wollen wir im Zuge der Digitalen Transformation des Staates auch dafür sorgen, dass dennoch Bürger*innenbüros auch in ländlichen Regionen erhalten bleiben, um Menschen eine Alternative zu digitalen Angeboten zu schaffen. Darüber hinaus ist es für uns selbstverständlich, dass digitale Lösungen des Staates barrierefrei sein müssen.
Im konkreten Fall des Impfzertifikats soll eine analoge Alternative ebenfalls weiterhin möglich sein. Der Internationale Impfausweis wurde zwar nie als fälschungssichere Dokument konzipiert, wird aber international dennoch für den Nachweis von Impfungen bei der Einreise in bestimmte Gebiete genutzt.
Niemandem sollte das alltägliche Leben erschwert werden, weil der Zugang zu digitalen Technologien nicht möglich oder unerwünscht ist. Wir setzen uns daher dafür ein, dass immer auch analoge oder physische Alternativen bereitstehen, damit niemand ausgeschlossen wird. Darüber hinaus machen wir uns dafür stark, dass der Zugang zu Technologien für alle Menschen durch Bildungsangebote einfacher wird.
6. Angenommen Ihnen steht in der kommenden Legislaturperiode ein zusätzliches Budget von 1 Mrd. Euro für die digitale Transformation der Verwaltung zur Verfügung: Wie viel Prozent davon würden Sie für welche konkreten Maßnahmen ausgeben? Bitte geben Sie die Aufteilung möglichst detailliert an.
Die Digitalisierung wird für uns Freie Demokraten auch in der kommenden Legislaturperiode eine zentrale Rolle spielen. Daher fordern wir ein Ministerium für digitale Transformation. Um Synergieeffekte zu nutzen und eine schlankere und effizientere Regierung zu gestalten, wollen wir Kompetenzen in einem Ministerium bündeln und es eng mit den anderen Regierungsressorts verknüpfen.
Der konkrete Finanzierungsbedarf einzelner Maßnahmen der digitalen Transformation ist zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer zu bestimmen. Denn aktuell steht weder abschließend fest, welche Mittel in dernächsten Legislaturperiode grundsätzlich im Rahmen der digitalen Transformation der Verwaltung zur Verfügung stehen werden, noch wie genau diese dann auf einzelne Projekte verteilt werden sollen.
Wir wollen zudem durch eine umfassende Föderalismus- und Verwaltungsreform einen modernen und handlungsfähigen Staat schaffen. Die Coronakrise hat gezeigt, dass unklare Zuständigkeiten, eine erdrückende Bürokratie und digitale Defizite bei den Behörden schnelle und pragmatische Lösungen verhindern. Es geht nicht nur um die Digitalisierung von Prozessen, sondern vor allem um einen Mentalitätswandel. Um das Megaprojekt der Verwaltungsmodernisierung zu bewältigen, setzen wir auf eine agile Herangehensweise, die arbeitsfähige Ergebnisse vor starren Strategien priorisiert. Um Anreize für die digitale Transformation von Prozessen und Arbeitsweisen zu schaffen, sollen durch die Digitalisierung erreichte Einsparungen („Digitale Dividende") für Investitionen in der jeweiligen öffentlichen Stelle verbleiben.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage, welche konrekte Maßnahmen für die digitale Transformation der Verwaltung angegangen werden sollen.
Die wiederholt nicht erreichten Ziele der Bundesregierung bei der Digitalisierung der Verwaltung haben gezeigt, dass die Herausforderung nicht nur bei der Finanzierung liegt. Deutschland liegt bei der Nutzung digitaler Verwaltungsleistungen im europäischen Vergleich auf den letzten Plätzen. Egal ob IT-Großprojekte wie E-Perso, Gesundheitskarte, die Konsolidierung der IT des Bundes oder die nicht erreichten Ziele bei der OZG-Umsetzung: Alle Vorhaben sind vorranging an einer mangelhaften Koordinierung, fehlenden Prinzipien und politischem Desinteresse gescheitert. Daher steht am Anfang eine klare Koordinierung und überprüfbare Zielvorgabe und dann die Kalkulation der jeweiligen Aufwände an.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage, welche konkrekte Maßnahmen für die digitale Transformation der Verwaltung angegangen werden sollen.
Für DIE LINKE sind die Digitalisierung der Verwaltung wie auch E-Government und Open Government Kernthemen der Digitalpolitik. Hier müssen gleichermaßen die Digitalisierung der staatlichen Leistungen für die Bevölkerung zügig vorangetrieben werden wie auch die Modernisierung der IT-Infrastruktur der Behörden und Ministerien selbst. DIE LINKE fordert die Umstellung auf freie Software und offene Datenformate, denn das wird die IT- und die Datensicherheit erheblich steigern und damit auch die öffentliche und demokratische Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit schützen.
Jede Form von Tracking oder von Datenabflüssen der sensiblen Daten der Verwaltung muss unbedingt verhindert werden, deswegen ist die gegenwärtige Abhängigkeit etwa von Microsoft-Produkten unbedingt zu beenden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Verwaltungen ausreichend kompetentes Personal brauchen, um die digitalen Systeme zu warten, Bürger*innen bei der Benutzung zu unterstützen und die persönliche Ansprechbarkeit für alle Anliegen sicherzustellen: DIE LINKE fordert eine flächendeckende Weiterbildungsoffensive für die Mitarbeiter*innen der Verwaltung sowie neu Ansprechpartner*innen für die Umsetzung in der Fläche. DIE LINKE will darüber hinaus neue digitale Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen entwickeln.
Volt hat zum Ziel Politik möglichst Evidenzbasiert zu gestalten. Konkrete Zahlen und Investitionssummen ohne Informationsgrundlage zu nennen, steht diesem Ansatz widersprüchlich gegenüber. Dennoch möchten wir die Frage so konkret, wie es uns möglich ist, beantworten. Daher nennen wir folgend die größten Investitionspunkte, in die wir das zusätzliche Budget investieren würden. Die Reihenfolge hat dabei keine Aussage über die Investitionssumme:
- Aufbau eines Ministeriums für Digitalisierung zur zentralen Bündelung aller staatlichen Kompetenzen im digitalen Bereich
- Konsequenter Ausbau der digitalen Infrastruktur bspw. Glasfaserausbau und 5G-Ausbau.
- Investition in die Umstellung auf Open Source Software in allen staatlichen Institutionen. Dies ermöglicht dem Staat von einzelnen Softwareanbietern unabhängig zu bleiben und öffnet den Markt für kleine und mittlere Softwareanbieter.
- Beschleunigung der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes einhergehend mit der Umstellung der Verwaltung zu einem System digitaler Dienstleistungen (One-Stop-Prinzip) durch Einstellung neuer Mitarbeiter*innen und Weiterbildung der vorhandenen Mitarbeiter*innen in den Ämtern.
- Ausbau der Unterstützungsangebote für Länder und Kommunen
- Einrichtung eines möglichst unabhängigen staatlich finanzierten Fonds für die Weiterentwicklung offener Standards sowie Freier und Open Source-Software (FLOSS) nach dem Vorbild des US-amerikanischen Open Technology Funds mit einem jährlichen Fördervolumen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. (Siehe Wahlprogramm Seite 36 “Freie Software”)
Zu einer detaillierten Aufteilung dieses Budgets auf konkrete Maßnahmen haben wir keine Position. Dazu fehlen uns zu viele Informationen, z. B. auch über die unterschiedlichen Kosten der einzelnen Aspekte.
Dass die digitale Transformation der Verwaltung bislang kaum vorangekommen ist, ist jedoch unbestritten. Daraus ergeben sich gravierende und reale Nachteile für die Bürger, die zuletzt vor allem durch die Corona-Pandemie offen zu Tage getreten sind. Die Kosten der digitalen Transformation werden in Summe bundesweit eine Milliarde Euro deutlich übertreffen, insofern würden wir das Budget vollumfänglich verwenden.
Folgende Maßnahmen halten wir für dringend geboten:
Weiterbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter, übergreifende Koordination, bessere Ausstattung von Behörden und Bildungseinrichtungen, IT-Konsolidierung, Meldeprogramme für Sicherheitslücken, Ausweitung der Anwendungsmöglichkeiten des ePersonalausweises, Etablierung digitaler Prozesse, etc.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns sind die genannten Maßnahmen für die digitale Transformation der Verwaltung nicht konkret genug.
7. In welchen Bereichen sollten neue Technologien (KI-gestützte Videosysteme mit Gesichts-/Verhaltenserkennung) zur Prävention und Verfolgung von Straftaten genutzt werden? Wo ist eine Grenze zum Recht auf Privatsphäre zu ziehen? Wie dürfen die Daten verwendet werden? Wer kontrolliert dies?
Technische Hilfsmittel können Polizeipräsenz und Polizeiarbeit nicht ersetzen, jedoch punktuell sinnvoll unterstützen. Systeme basierend auf künstlicher Intelligenz oder maschinellem Lernen wollen wir Freie Demokraten insbesondere einsetzen, um Routinetätigkeiten zu automatisieren und Analysetätigkeiten bei datenintensiven Delikten zu unterstützen. Wir Freie Demokraten fordern ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum und lehnen dementsprechend den Einsatz automatisierter Gesichtserkennung ab. Videoüberwachung ist kein Ersatz für Beamtinnen und Beamte und kein Allheilmittel. Durch den Einsatz von Software zur automatisierten und massenhaften Gesichtserkennung im öffentlichen Raum droht eine Totalüberwachung. Eine flächendeckende Videoüberwachung lehnen wir daher ab und sehen auch die Ausweitung privater Videoüberwachung, die dann für staatliche Zwecke nutzbar gemacht wird, kritisch. Eine intelligente Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten kann aber eine sinnvolle Ergänzung zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sein, wenn sie verantwortungsvoll und nicht als Ersatz für Polizeipräsenz eingesetzt wird. Das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum gilt auch für den digitalen öffentlichen Raum.
Ein funktionierender, demokratischer Rechtsstaat muss Sicherheit gewährleisten und die ihn konstituierenden Freiheitsrechte wahren. Demokratien leben von der Verfügbarkeit grundsätzlich unüberwachter öffentlicher Räume, in denen sich Individuen frei bewegen und äußern können. Den Einsatz biometrischer Identifizierung auf Grundlage algorithmischer Verfahren im öffentlichen Raum, wie beispielsweise Gesichtserkennung, lehnen wir GRÜNE ab. Wir stehen für eine rationale Sicherheits- und Kriminalpolitik, die konkrete Gefahren anlassbezogen und zielgerichtet abwehrt, statt die Bevölkerung mit pauschaler Massenüberwachung unter Generalverdacht zu stellen. Neue Technologien müssen, gerade wenn sie durch Sicherheitsbehörden eingesetzt werden, wertegeleitet gestaltet werden und dürfen erst zum Einsatz kommen, wenn die Wahrung der Grundrechte sichergestellt ist.
Die Verwendung solche Technologien lehnen wir generell ab.
Der öffentliche Raum muss so gestaltet sein, dass die Bürger*innen hier nicht einem permanenten Gefühl des Beobachtetseins ausgeliefert sind.
Begründung für die negative Bewertung von LOAD:
Wir lehnen die Verwendung neuer Technologien nicht generell ab.
Zudem ist nicht für alle technischen Maßnahmen das "Gefühl des Beobachtetseins" der richtige Maßstab zur Bewertung der Grenzen ihrer Einsatzmöglichkeiten.
Wir fordern, den Einsatz biometrischer Technologien streng zu regeln, um jegliche unzulässige Eingriffe in die Grundrechte zu verhindern. Insbesondere fordern wir die Kommission auf, die unterschiedslose oder stichprobenartige Verwendung biometrischer Daten, die zu einer unrechtmäßigen Massenüberwachung führen kann, in Gesetz und Praxis zu verbieten. Solche in die Privatsphäre eingreifenden Systeme dürfen weder entwickelt noch eingesetzt (auch nicht zu Testzwecken) oder von öffentlichen oder privaten Stellen genutzt werden, da sie zu unnötigen oder unverhältnismäßigen Eingriffen in die Grundrechte der Menschen führen können.
Es hat sich gezeigt, dass die Nutzung biometrischer Massenüberwachung in den Mitgliedstaaten und durch EU-Agenturen zu Verstößen gegen das EU-Datenschutzrecht geführt und die Rechte der Menschen, einschließlich ihres Rechts auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung, auf Protest und auf Diskriminierungsfreiheit, ungebührlich eingeschränkt hat. Die weitverbreitete Nutzung von biometrischer Überwachung, Profiling und dazugehörigen Prognosen stellt eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit und unsere wichtigsten Grundfreiheiten dar.
Der Einsatz von automatisierter Gesichtserkennungssoftware und vergleichbaren Technologien zur Echtzeit-Identifikation von Menschen im öffentlichen Raum stellt für Volt einen äußerst kritischen Eingriff in die Privatsphäre eines jeden Menschen dar, weshalb wir ihn komplett verbieten wollen.
Begründung für die negative Bewertung von LOAD:
Wir lehnen die Verwendung neuer Technologien zur Echtzeit-Identifikation von Menschen nicht generell ab.
Biometrische Technologien bergen erhebliche Risiken, wie z. B. hohe Fehlerquoten, Bias oder den unerlaubten Zugriff auf personenbezogene Daten durch Datenlecks.
Wir sind deshalb der Überzeugung, dass biometrische Technologien streng reguliert werden müssen.
Als liberale Partei sind wir der Auffassung, dass die Freiheit des Individuums – und damit auch das Recht auf Privatsphäre – erst eingeschränkt werden darf, wenn ebendiese Freiheit dazu genutzt wird, die Freiheit Anderer einzuschränken. Allerdings kehrt eine flächendeckende biometrische Überwachung dieses Prinzip um. Hier wird das Recht auf Privatsphäre verletzt, obwohl von der einzelnen Person keine Freiheitsverletzung gegenüber Anderen begangen wurde. Dies widerspricht unseren Prinzipien, weswegen wir solch eine Form der Überwachung ablehnen.
Wir wollen eine Zukunft, in der jeder Mensch die Möglichkeit hat, seine Daten einzusehen, zu kontrollieren und über sie zu verfügen. In schwerwiegenden Verbrechensfällen können individuelle Überwachungsmaßnahmen jedoch gerechtfertigt sein. Überbordende Maßnahmen, wie z. B. die anlasslose und massenhafte Speicherung von Vorratsdaten, lehnen wir ab.
8. Wie wollen Sie mit Hilfe von digitaler Transformation sicherstellen, dass Deutschland bei einer nächsten Krise (Naturkatastrophe, Wirtschaftskrise, militärische Ereignisse usw) besser vorbereitet ist? Welche Dimensionen umfasst Ihr Krisenkonzept? Was sind die primären Schritte?
Die Corona-Krise sowie die Flutkatastrophe haben bundesweit Digitalisierungsdefizite offengelegt und so aufgezeigt, was die Bundesregierung und die Länderverwaltungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten versäumt haben. Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat deshalb bereits im letzten Jahr auf die Einrichtung einer Lessons-Learned-Task-Force gedrängt, die auf Ebene des Bundeskanzleramtes die wichtigsten digitalen Schwachstellen im öffentlichen Sektor systematisch zusammenträgt und aufarbeitet (BT-Drs. 19/24632). Darüber hinaus fordern wir die Einsetzung einer Föderalismus-Kommission, um Verantwortlichkeiten und Verfahren klarer zugestalten.
Die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat darüber hinaus „10 Punkte für einsicheres und nachhaltiges Klima(folgen)Management" mit konkreten Vorschlägen zu Hilfeleistung, Katastrophenschutz, Klimaanpassung und -schutz erarbeitet. Zudem hat sie wiederholt Initiativen in den Bundestag eingebracht (vgl. etwa BT-Drs. 19/19130, 19/8541, 19/19460): Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) muss zu einer Zentralstelle im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz ausgebaut werden. Die Umsetzung der Konzeption Zivile Verteidigung (KZV) muss zügig vorangetrieben werden. Dies betrifft insbesondere die Fachplanungen und Umsetzung in Bezug auf Cyber-Angriffe, hybride Bedrohungen und Angriffe mit terroristischen Mitteln. Notwendig ist auch, eine strategische Reserve an Ressourcen auf Bundesebene im Bevölkerungsschutz zu schaffen und ein Konzept für die Risiko-und Krisenkommunikation zu entwickeln, das insbesondere darauf abzielt eine einheitliche und transparente Informationsvermittlung über analoge und digitale Medien im Krisenfall durch die zuständigen Stellen zu gewährleisten. Dabei sollte die Entwicklung und der Ausbau von neuen Warntechnologien (zum Beispiel Notfall-Apps wie Katwarn, NINA oder Biwapp) gefördert werden. Insbesondere ist auch endlich ein bundesweites Warnsystem auf Basis von Cell Broadcast einzuführen. Wichtig ist auch, dass unter Einbindung der Forschungseinrichtungen des Bundes Vorhaben gefördert werden, die den Nutzen von modernen Technologien, wie zum Beispiel Drohnen, für den Einsatz in Krisensituationen erforschen und auswerten.
IT-Sicherheit und Katastrophenschutz – insbesondere im Bereich kritischer Infrastruktur – sind dabei nicht zu trennen. Wir fordern daher auch eine tatsächlich umsetzbare und agile Cybersicherheitsstrategie.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass der Staat auf Risiken schneller reagieren muss. Digitale Lösungen können einen Beitrag leisten. Die Corona-Warn-App ist heute als offenes und sicheres Werkzeug ein gutes Beispiel. Allerdings hat der Entwicklungsprozess viel zu lange gedauert. Wir GRÜNE wollen eine interdisziplinäre Technologie Task-Force (TTF) schaffen. Sie ist angesiedelt am Bundeskanzleramt, ist ein zentraler Ansprechpartner des Bundes für Innovator*innen und Technologie-Entwickler*innen, um vielversprechende Ideen kurzfristig und umgehend in die Anwendung zu bringen und sie dafür organisatorisch zu unterstützen. Für die Umsetzung von Projektideen soll die TTF auf ein Digitalbudget zurückgreifen können.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine konstruktive Antwort zu der Frage. Eine Auslagerung der Antwort auf eine Technologie Task-Force (TTF) ist uns zu unkonkret.
Ganz entscheidend für die Bewältigung von Krisen ist die Absicherung der IT-Infrastruktur: Mit zunehmender Digitalisierung aller Lebensbereiche sind genau hier auch mögliche Angriffspunkte.
Aber auch bei Naturkatastrophen ohne aktive Angreifer*innen spielen zunehmend digitale Formen der Kommunikation, des Managements und der Wissensverwaltung eine Rolle. Für Prävention und Bewältigung muss ein Schwerpunkt darauf liegen, diese digitalen Strukturen zu sichern und aktuell zu halten und ausreichend Ressourcen dafür bereitzustellen und zwar auch für die Beschäftigten.
Verwendete Hard- und Software sollen quelloffen sein. Für DIE LINKE ist die Unabhängigkeit des BSI von größter Bedeutung, die wir seit langem fordern, denn nur, wenn Sicherheitslücken konsequent aufgespürt und geschlossen werden, kann die IT-Sicherheit auch kritischer Infrastrukturen bestmöglich geschützt werden.
BBK und THW müssen befähigt werden, moderne Kommunikationswege zu etablieren und zu nutzen, um Steuerungs- und Koordinierungskompetenzen bei länderübergreifenden Krisen und Unglücksfällen ausfüllen zu können. Die Pandemie hat gezeigt, dass auch der Öffentliche Gesundheitsdienst zentral sein kann bei der Bewältigung von Krisen: Hier fordert DIE LINKE endlich ausreichende Ausstattung, genug und angemessen bezahltes Personal sowie Ressourcen für die Umsetzung und Betreuung von digitalen Lösungen im Gesundheitsbereich.
Der Aufbau dezentraler Infrastrukturen, insbesondere im informationstechnischen Raum, erhöht ganz grundsätzlich schon einmal die Resilienz der Infrastrukturen. Gleichzeitig muss hierbei eine Interoperabilität der verwendeten Systeme über einheitliche Schnittstellen und ohne Medienbrüche sichergestellt sein.
Prognosemodelle können dabei helfen, Gefahren früher zu erkennen. Hierbei müssen jedoch jederzeit die Restriktionen der Modelle bekannt und man sich derer bewusst sein.
Die digitale Transformation und die fortschreitende technische Leistungsfähigkeit ermöglichen immer komplexere Modelle für solche Berechnungen.
Begründung für die neutrale Bewertung von LOAD:
Uns fehlt eine ausführlichere Antwort zu der Frage, wie Deutschland auf eine zukünftige Krise besser vorbereitet werden kann.
Mit diesem Thema haben wir uns bislang noch nicht im Detail auseinandergesetzt. Grundsätzlich wollen wir aber die im Zuge der digitalen Transformationen viele Verwaltungsvorgänge beschleunigen und wo möglich auch automatisieren. Von diesem Effizienzgewinn würde Deutschland natürlich auch bei einer Krise stark profitieren.
Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, wie wichtig der kombinierte Einsatz geeigneter und zuverlässiger Technologien und die Etablierung sowie Aufrechterhaltung
kritischer Prozesse inklusive regelmäßige Schulung der Anwender wäre, um Menschenleben zu schützen.
Eine detaillierte Position zu einem umfassenden Krisenkonzept haben wir noch nicht erarbeitet.