Zusammen mit der AG KRITIS, Wikimedia Deutschland und weiteren Organisationen fordern wir die Regierung am 5.11.2024 in einem Offenen Brief dazu auf, statt in proprietäre Software mehr in Open-Source-Lösungen zu investieren. Diese Forderungen basieren auf unseren "Approved ideas" zur konsequenten öffentlichen Unterstützung von Open-Source-Plattformen und -Modellen. Zudem ist LOAD Unterstützer der Initative Public Money Public Code.
PDF-Version des Offenen Briefes
(siehe auch unter https://osb-alliance.de/wp-content/uploads/2024/11/20241105_Offener_Brief_HH2025_Final.pdf )
Der Brief im Wortlaut
Im Haushalt 2025 die richtigen digitalpolitischen Weichen stellen!
Offener Brief zum Haushalt 2025 1/5
Berlin, 05.11.2024Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
die Zukunftsfähigkeit von Deutschlands Wirtschaft und Verwaltung hängt zentral davon ab, ob in der Digitalpolitik die richtigen Weichen gestellt werden:
Deswegen muss die Bundesregierung jetzt und wie lange angekündigt nachhaltige, offene und mit Open Source Software realisierte Infrastrukturen für die öffentliche Verwaltung aufbauen. Dazu muss sie die erheblichen und ständig steigenden Mittel für proprietäre Software in nachhaltig nutzbare Lösungen umlenken. Nur auf diese Weise kann sie sicherstellen, dass die Verwaltung die eigenen digitalen Systeme selbst kontrollieren und gestalten kann. Gleichzeitig ist dies ein entscheidender Schritt, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken und die öffentliche Verwaltung effizient und krisenresilient zu digitalisieren.
Bereits im Koalitionsvertrag und in der Digitalstrategie hat die Bundesregierung klar ihr Ziel formuliert, die digitale Souveränität der Verwaltung zu stärken und hat daher auch die konsequente Förderung von Open Source Software und offenen Standards als zentrales Mittel benannt, um dieses Ziel zu erreichen.Wir brauchen mehr als Lippenbekenntnisse
Im deutlichen Widerspruch dazu steht jedoch, dass die Bundesregierung Ende 2023 mitteilen musste, dass der Open-Source-Anteil bei den Ausgaben des Bundes für Software-Entwicklung und Dienstleistungen seit Beginn der Legislaturperiode nur etwa 0,5 Prozent betragen hat.
Auch wenn es einige positive Leuchtturmprojekte gibt, wird allein hierdurch offensichtlich, wie sehr die benannten Ziele der Bundesregierung und ihr tatsächliches Handeln auseinanderliegen.Die Haushaltspolitik offenbart die Widersprüche
Besonders deutlich wird diese Diskrepanz auch bei der Haushaltspolitik.
Während im Rahmen der Haushaltsverhandlungen um verhältnismäßig kleine Summen für einzelne Projekte wie den Sovereign Tech Fund (STF) oder das Zentrum für digitale Souveränität (ZenDiS) gerungen wird, werden gleichzeitig bei regulären Beschaffungsvorhaben öffentliche Gelder in Milliardenhöhe für proprietäre Softwarelösungen ausgegeben. Das steht in keinem Verhältnis.
Durch diese Ausgabenpolitik werden bestehende Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern weiter zementiert, Kontroll- und Gestaltungsfähigkeit sowie Innovationsfähigkeit werden immer weiter aufgegeben.
Der Staat muss hier seiner Verantwortung gerecht werden und im Rahmen der strategischen Beschaffung Mittel gezielt in offene Softwaretechnologien umlenken. Es darf nicht weiter bei Lippenbekenntnissen bleiben, wir brauchen von Verwaltung und Wirtschaft gleichermaßen nutzbare Open-Source-Infrastrukturen.Geplante Investitionen in digitale Souveränität auch
umsetzen
Neben ZenDiS und STF war eines der geplanten Projekte zur Stärkung der digitalen Souveränität die Milliardenunterstützung für den Bau einer Chipfabrik von Intel in Magdeburg.
Dieses Projekt liegt jetzt wegen wirtschaftlicher Herausforderungen bei Intel auf Eis. Die Konsequenz daraus kann aber nun nicht sein, einfach nichts zu tun.
Vielmehr muss die eigenständige Handlungsfähigkeit ausgebaut und in den Aufbau von digital souveränen Infrastrukturen investiert werden. Mit nur einem Bruchteil der geplanten Intel-Milliarden ließe sich im Software- und Cloudbereich ein entscheidender Sprung bei der Transformation und der digitalen Souveränität der öffentlichen Verwaltung machen.
Gleichzeitig würde das Potential der deutschen und europäischen Wirtschaft so gestärkt und ein Gegengewicht zu den bestehenden Abhängigkeiten in anderen Bereichen geschaffen werden.Nur ein konkretes Ziel für den Open-Source-Umstieg gibt Planungssicherheit
Alle Beteiligten benötigen eine klare Aussage der Bundesregierung, dass die öffentliche Hand ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch quelloffene, frei nutzbare, anpassbare und überprüfbare Software entwickelt („Public Money, Public Code“) und beschafft. Ähnlich wie beim Kohleausstieg oder der Elektromobilität würde ein solches „Zieldatum“ Verwaltung und Industrie Planungssicherheit geben und den ernsthaften Willen zu einer echten Open-Source-Transformation zeigen.Uns ist klar, dass ein solcher Umstieg nicht von heute auf morgen funktionieren kann. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Bundesregierung sich auf ein Stufenmodell und bereits für das Jahr 2025 auf messbare und überprüfbare Zwischenziele verpflichtet und den Stand ihrer Erreichung in einem jährlichen Bericht zur bundesweiten Open-Source-Nutzung veröffentlicht. Andernfalls wird
es weiterhin bei schwammigen Absichtserklärungen und nicht messbaren Zielen bleiben.Eine strategische Umschichtung der Haushaltsmittel für 2025
Im Bundeshaushalt für das Jahr 2025 müssen daher die Ausgaben für proprietäre Softwarelösungen und Dienstleistungen im Rahmen von Beschaffungsverfahren gesenkt und die dadurch freiwerdenden Mittel für Open-Source-Lösungen und -Dienstleistungen verwendet werden.
Eine Veränderung des IT-Ausgabenverhältnisses um 20 Prozent ist aus unserer Sicht für 2025 ein sinnvolles erstes Zwischenziel bei dieser strategischen Umschichtung.
Auf diese Weise entstehen keine Mehrkosten, sondern die verfügbaren Mittel werden nachhaltiger und wirtschaftlicher eingesetzt. Denn einmal entwickelte Open Source Software kann auch von anderen Behörden, von Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft frei weiter in eigenen Produkten und Projekten verwendet werden.
Zudem muss der weitere Ausbau des Zentrums für digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung GmbH (ZenDiS) und die erfolgreiche Durchführung der dort angesiedelten Projekte, insbesondere von openDesk und OpenCoDE als tatsächlich erfahrbare Alternativen zu proprietären Lösungen, auch finanziell mit wesentlich höheren Budgets gesichert werden. Denn für die erfolgreiche Digitalisierung braucht die Verwaltung Bündelung von Kompetenz und die schnelle Umsetzung der zentralen Vorhaben. Nur so kann die Bundesregierung sicherstellen, dass sie tatsächlich, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, Open Source Software und offene Standards stärkt.
Empfänger
An die Fraktionen im Deutschen Bundestag der
• Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
• Bündnis 90/Die Grünen
• Freien Demokratischen Partei
Mitunterzeichnende Organisationen
(alphabetisch)
• AG KRITIS
• AG Nachhaltige Digitalisierung
• D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt e. V.
• Gesellschaft für Informatik e.V. (GI)
• GUUG e.V.
• Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit e.V.
• Load e. V.
• netzbegrünung e. V.
• Open Source Business Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität
e. V.
• Wikimedia Deutschland e.V.
Weiterführende Links
- OBS-Pressemitteilung "Offener Brief: Im Haushalt 2025 die richtigen digitalpolitischen Weichen stellen!" vom 6.11.2024
- HEISE.de-Artikel "Offener Brief fordert mehr Open-Source-Investitionen von der Regierung" vom 7.11.2024
- LINUX Magazin-Artikel "Offener Brief: OSBA fordert offene Infrastrukturen für Behörden" vom 6.11.2024
- LinkedIn-Post von Wikimedia Deutschland e. V.
https://www.linkedin.com/posts/wikimedia-deutschland-e-v-_aemgaemg-opensource-verwaltung-activity-7259931437053739009-STUZ