Als überparteilicher liberaler netzpolitischer Verein wurde LOAD e. V. sowohl vom schleswig-holsteinischen Innen- als auch vom Umwelt-, Agrar- und Digitalisierungsausschuss gebeten, zu dem aktuellen Entwurf eines Digitalisierungsgesetzes für S-H (Drucksache 19/3267) Stellung zu nehmen.
Dieser Bitte sind wir mit der nachfolgenden Stellungnahme gerne nachgekommen.
Einleitend können wir sagen, dass der Gesamteindruck dieses Entwurfs für uns durchgehend positiv ist, da er in vielen Themen wirklich gut zu unseren LOAD-Grundsätzen passt.
Er enthält aus unserer Sicht einige wegweisende Punkte, welche auch Vorbild für entsprechende Initiativen in anderen Bundesländern sein werden.
Das Wichtigste aus unserer Sicht sind die folgenden Themenbereiche:
• Das Ziel auf Wunsch der Betroffenen alle Verwaltungsvorgänge online durchführen zu können
• Die Nutzung von Open Data und Open Source und die Forderung nach barrierefreien standardisierten Verfahren
• Die Regelungen zu automatisierten Verwaltungsentscheidungen mit der Möglichkeit diese manuell zu korrigieren
• Die Regulierung des Einsatzes von KI und Verfahren des autonomen Lernens von Algorithmen
• Die durchgehende Berücksichtigung von Datenschutz und Datensicherheit
Im Detail nehmen wir wie folgt Stellung:
Artikel 1
Änderung des Landesverwaltungsgesetzes
- Nr. 3: LOAD begrüßt, dass auf Länderebene digitale Servicekonten genutzt werden sollen.
Die Zustimmungspflicht der beteiligten Person ist notwendig. Auch analoge Verwaltungsprozesse müssen weiter möglich sein. - Nr. 4: LOAD begrüßt, dass elektronische Formulare in einem barrierefreien, maschinenlesbaren und offenen Format bereitzustellen sind und dafür verbindliche
Umsetzungsfristen definiert werden. - Nr. 5: LOAD begrüßt, dass durch diese Vorschrift Hürden für die Digitalisierung vonVerwaltungsverfahren abgebaut werden, die aktuell durch Schriftformerfordernisse
bestehen. - Nr. 6: Wir regen an neben einer Möglichkeit zur Volltextsuche auch eine zweckdienliche Indexierung (Stichwortverzeichnis) zu realisieren, sodass auch Synonyme und abweichende
Schreibweisen bei der Volltextsuche berücksichtigt werden. - Nr. 9:
- (2a): LOAD begrüßt diese Regelung zur elektronischen Bekanntgabe von Verwaltungsakten, die sehr praxisnah ausgestaltet ist und damit auch neue Anwenderinnen und Anwender nicht überfordert.
- (2b): Bei der Ausgestaltung der Postfächer in den Nutzerkonten nach dem OZG muss zwingend eine Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikation vorgesehen werden.
Gerade vor dem Hintergrund, dass hierbei sensible Daten mit Behörden ausgetauscht werden sollen, ist eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eine zwingende Voraussetzung.
Artikel 4
Änderung des E-Government-Gesetzes
- Nr. 3: Die Formulierung „dem Risiko entsprechend gesicherte Übertragungswege zu nutzen“ ist zu interpretationsfähig. Als Basisstandard der elektronischen Kommunikation sind Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikationswege vorzuschreiben.
- Nr. 5 + 7: LOAD begrüßt die Einfügung der Prinzipien „offene Software, offene Standards“, weil der Verein das seit Jahren fordert, um Beteiligte nicht zum Kauf proprietärer Software zu zwingen.
• Nr. 7 (§ 10): Es fehlt die Beschreibung der elektronischen Alternative zur Unterschrift im Fall einer Schriftformerfordernis.
• Nr. 8: Der Basisdienst zur Veröffentlichung von Verwaltungsleistungen, Informationen und Ressourcen (einschließlich Kommunales Schleswig-Holstein-Recht) sollte aus Sicht von LOAD auch die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen beinhalten.
Artikel 5
Änderung des Informationszugangsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein
- Nr. 4: LOAD begrüßt die umfangreichen Befugnisse des/der Landesbeauftragten für Informationszugang, auch im sicherheitsrelevanten Bereich.
Artikel 10
Gesetz über offene Daten der Träger der öffentlichen Verwaltung
(Offene-Daten-Gesetz – ODaG)
- LOAD bedauert, dass durch das Gesetz kein justiziabler Anspruch auf Bereitstellung von Offenen Daten geschaffen wird. Damit krankt das Gesetz am selben Mangel wie die Regelungen zu Open Data auf Bundesebene, insbesondere § 12a EGovG.
- (§ 2 Abs. 3 Nr. 7 und 8) – LOAD sieht pauschale Ausnahmen für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und kulturelle Einrichtungen kritisch.
Artikel 12
Gesetz über die Möglichkeit des Einsatzes von datengetriebenen Informationstechnologien bei öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit
(IT-Einsatz-Gesetz – ITEG)
- • § 2 Abs. 2 Nr. 2 + 3: LOAD begrüßt die eingefügten Ausnahmen. Allerdings sollte das Verbot des Einsatzes datengetriebener Informationstechnologien zum Zweck der massenhaften Identifikation anhand biometrischer Merkmale uneingeschränkt erfolgen und nicht nur bezogen auf Versammlungen und Veranstaltungen.
• § 6: LOAD begrüßt die grundsätzliche Offenlegungspflicht eingesetzter Algorithmen und ihrer Datengrundlage. Der Ansatz entspricht der von LOAD schon lange geforderten
sogenannten „qualitativen Algorithmentransparenz“
(s. https://load-ev.eu/approved_ideas/ „Qualitative Algorithmentransparenz“).
• § 8: LOAD regt an, einzelne Regelungen innerhalb dieses Paragraphen klarer zu formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden.
Dies betrifft insbesondere die Frage, ob öffentliche Stellen Daten zu Trainingszwecken verarbeiten dürfen (i.S. eines Erlaubnistatbestandes), oder ob öffentliche Stellen nur eigene Daten nutzen dürfen (Absatz 1), sowie die Frage in welchem Zusammenhang Daten erhoben oder gespeichert worden sein müssen, damit sie für Trainingszwecke herangezogen werden dürfen (Absatz 2).
Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich leider kein eindeutiges Bild.
• § 12: LOAD begrüßt die Möglichkeit der Überprüfung automatisiert getroffener Entscheidungen durch einen Menschen. KI-gestützte und KI-basierte automatisierte Entscheidungen sollen gerichtlich überprüfbar und grundsätzlich revidierbar sein.
(s. „LOAD Big Five“, S. 3; abrufbar unter https://load-ev.eu/wp-content/uploads/2021/03/20210309_LOAD_ForderungenBundestagswahl-2021-1.pdf )
Hier nochmal alle Links im Überblick:
- Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Digitalisierung und Bereitstellung von offenen Daten und zur Ermöglichung des Einsatzes von datengetrieben Informationstechnologien in der Verwaltung : https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/03200/drucksache-19-03267.pdf
- LOAD-Stellungnahme zu dem entsprechenden Digitalisierungsgesetz : http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/umdrucke/06700/umdruck-19-06796.pdf
Übrigens: Weitere Positionspapiere und Stellungnahmen von LOAD findest du hier:
https://load-ev.eu/positionen/