LOAD e.V.

LOAD begrüßt Ampel-Koalitionsvertrag: Die Messlatte für Bürgerrechte und IT-Sicherheit wird hochgelegt

Der digitalpolitische Teil des Koalitionsvertrags von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und FDP wird von LOAD sehr begrüßt. Im Vertrag finden sich zahlreiche Vorhaben, deren Umsetzung wir seit Jahren fordern und im Zuge des Wahlkampfs  als Forderungen an die Parteien formuliert haben. Dazu gehört vor allem der Schutz der Bürgerrechte im Digitalen. Daher begrüßen wir es sehr, dass im Koalitionsvertrag ein Recht auf Verschlüsselung, das Recht auf Anonymität im digitalen Raum sowie eine Absage an flächendeckende Videoüberwachung sowie an den Einsatz biometrischer Massenüberwachung festgeschrieben werden. Dass sich die Koalitionspartner nicht zu einem eindeutigen Verbot des Einsatzes zweifelhafter Spähsoftware und einer klaren Absage an die anlasslose Vorratsdatenspeicherung durchringen konnten, bedauern wir sehr. 

Des Weiteren begrüßt LOAD, dass wenigstens Entwicklungsaufträge für Software in der Regel als Open-Source-Lösung beauftragt werden, und diese – ganz nach der Devise “Public Money, Public Code” – öffentlich zugänglich gemacht werden sollen. Das Bekenntnis zu einer verfassungsfesten Registermodernisierung ist sehr zu begrüßen – eine nachhaltige Verwaltungsdigitalisierung darf keine verfassungsrechtlichen Bedenken offen lassen. Dass diverse Hemmnisse, bspw. Schriftformerfordernisse, abgebaut werden sollen und die Vereinheitlichung von Begriffen vorgenommen werden soll, ist ein wesentlicher Baustein, um digitale Verwaltungsleistungen endlich effektiv und flächendeckend nutzerorientiert, medienbruchfrei und einfach handhabbar anzubieten. Diese Vorhaben zeigen aber auch, dass die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland noch lange nicht abgeschlossen ist. Positiv bewerten wir daher, dass die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes – nach dem eigentlich alle öffentlichen Dienstleistungen bis Ende 2022 digital verfügbar sein müssen – mit einer Folgefinanzierung unterstützt werden soll.

Ebenfalls ist positiv herauszustellen, dass die Ampel-Koalition die Gewährleistung von IT-Sicherheit als staatliche Pflicht anerkennt und umsetzen möchte. Die Ablehnung von Hackbacks als Mittel der Cyberabwehr ist ganz im Sinne der von LOAD geforderten defensiven Cybersicherheitsstrategie. Das klare Bekenntnis zu „security-by-design/default“, das Ziel, Sicherheitslücken zu schließen und die Verpflichtung des Staates, echte verschlüsselte Kommunikation anzubieten, markiert eine Trendwende in der deutschen IT-Sicherheitspolitik. Dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nur unabhängiger und nicht vollständig unabhängig werden soll, ist für LOAD ein Wermutstropfen. 

Nicht übersehen werden darf der digitalpolitische Part im Kapitel zur Außenpolitik. Auch hier begrüßen wir das Bekenntnis zu einem offenen Internet und den Willen, sich für eine konsistente deutsche Stimme in der europäischen Digitalpolitik einzusetzen. Dass der Einsatz Deutschlands in internationalen Gremien zu Normierungs- und Standardisierungsprozessen sowie in Multi-Stakeholder-Foren, wie dem Internet Governance Forum (IGF) der UNO, gestärkt werden soll, zeigt LOAD, dass die Ampel-Koalitionäre einen weitsichtigeren und globaleren Blick auf das Internet und seine Bedeutung für die Sicherung liberaler Demokratien haben, als die Vorgängerregierung. Dazu gehört auch, das Vorhaben, zusammen mit Partnern den Aufbau von unabhängiger digitaler Infrastruktur zur Stärkung der digitalen Souveränität – auch in der Entwicklungszusammenarbeit – voranzutreiben. Dass Überwachungstechnologie nicht mehr an repressive Regime weitergegeben werden soll und dass weltweit die Zivilgesellschaft bei ihrem Einsatz für digitale Bürgerrechte unterstützt werden soll, sehen wir von LOAD äußerst positiv. 

Der Koalitionsvertrag beinhaltet noch zahlreiche weitere positive digitalpolitische Vorhaben, die wir hier nicht alle aufzählen können. Allein das ist ein sehr gutes Zeichen! LOAD wird auch die Arbeit der Ampel-Regierung kritisch begleiten und sie an ihren eigenen hochgesteckten Zielen messen. Dementsprechend sind die Erwartungen von LOAD, dass die Ampelregierung ein Anwalt der Bürgerrechte und der IT-Sicherheit  in der Innen- und Außenpolitik sein wird.

Die Ampel veröffentlichte ihren Koalitionsvertrag einen Tag vor dem zweiten Todestag unseres Gründungsmitglieds und Ehrenvorsitzenden Jimmy Schulz. Dass zwei der Themen, für die er sich bis zu seinem Tod besonders eingesetzt hat – das Recht auf Verschlüsselung und die stärkere Beteiligung am IGF (“Jimmy Schulz Call”) – nun im Koalitionsvertrag zu finden sind, markiert einen wichtigen Meilenstein von Jimmys Werk, das wie erwartet, auch über seinen Tod hinaus noch Wirkung zeigt. Darüber freuen wir uns sehr.

 

Der Vorstand